Bitte stellen Sie Ihre Schriftgröße ein:              

Kontrastfunktion aktivieren:  

Behandlung von Lungenerkrankungen: Universität Würzburg und Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken forschen gemeinsam (12. April 2010)

 


Behandlung von Lungenerkrankungen: Universität Würzburg und Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken forschen gemeinsam

 

Das Foto zeigt (von links): Chefarzt Dr. Boris Kardziev vom Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken sowie Dr. Daniel Baumann und Dr. Mirjam Gnadt vom Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, vor dem Modell der isolierten Lungenperfusion. (Foto: Thoraxzentrum)

 

Münnerstadt / Würzburg. (mm) Um die Behandlung bösartiger Lungenerkrankungen mit Medikamenten zu verbessern, ist es notwendig, mehr über die in der Lunge an- und abflutenden Medikamentenspiegel zu wissen. Der medikamentöse Wirkspiegel sowie die Umverteilung der in der Lunge wirkenden Medikamente in den Körperkreislauf sind Forschungsgegenstand einer Studie, die unter Leitung von Professor Dr. Petra Högger vom Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg durchgeführt wird. Die entsprechenden medizinischen Untersuchungen finden derzeit in der Abteilung für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie des Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken in Münnerstadt an dort operierten Lungen statt. Die Studie hat keinen Einfluss auf das Ausmaß der Operation oder auf die Behandlung vor und nach der Operation. 

Krankheiten an den Atmungsorganen gehören weltweit zu den häufigsten Leiden. Insbesondere Lungenkrebs ist eines der tödlichsten Karzinome. 50.000 Menschen erkranken alleine in Deutschland jedes Jahr neu, zwei Drittel von ihnen sterben daran. Nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs stehen andere Lungenleiden laut Statistik an dritter Stelle der Todesursachen. Nach vorsichtigen Schätzungen leiden 15 bis 20 Prozent der Bundesbürger – erkannt oder unerkannt, behandelt oder unbehandelt – an einer Erkrankung des Bronchialsystems und der Lunge. Hierzu zählen in erster Linie die so genannte COPD (deutsch: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und das Asthma. Die enorm hohe Zahl Betroffener erlaubt es, COPD und Asthma als „Volkskrankheiten“ zu bezeichnen. 

Die COPD ist mittlerweile die teuerste Lungenerkrankung in Deutschland. Nach neuesten Berechnungen belaufen sich die jährlichen Gesamtkosten, die durch die COPD verursacht werden, in der Bundesrepublik auf etwa 8,2 Milliarden Euro. Die durchschnittlichen Kosten pro Jahr und Patient betragen rund 3.000 Euro. Asthma bronchiale betrifft Menschen aller Altersgruppen. Zirka zehn Prozent der Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden unter Asthma bronchiale. Zugleich ist Asthma bronchiale die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. 

Obstruktive Lungenerkrankungen werden in der Regel mit Dosieraerosolen oder Sprays medikamentös behandelt. Diese so genannte lokale Gabe von Medikamenten in die Atemwege wird bei den meisten Patienten früh eingesetzt. Allerdings ist nach wie vor nicht immer klar, welcher Anteil des Wirkstoffs nach Erreichen des Lungengewebes in den Kreislauf umverteilt wird und mit welcher Geschwindigkeit dies erfolgt. Der in den Kreislauf gelangende Anteil ist deshalb von Bedeutung, weil durch ihn möglicherweise Nebenwirkungen des eigentlich lokal verabreichten Wirkstoffs verursacht werden. Gewünscht ist ja ein Arzneimittel, das am Wirkort möglichst lange wirkt, ohne schnell wieder in die Zirkulation umverteilt zu werden. Der genaue Verbleib bzw. die Umverteilungskinetik eines inhalativ verabreichten Medikaments sind am lebenden Menschen nur sehr schwierig zu messen. 

Eine Lösung dieses Problems bietet das so genannte Modell der isolierten Lungenperfusion, das die Messung der in die Atemwege verabreichten Wirkstoffe erlaubt, ohne dabei die Patienten zu beeinträchtigen. Dabei werden Lungenlappen, die im Thoraxzentrum aufgrund einer Krebserkrankung operativ entfernt werden mussten, nach der Operation für eine kurze Zeit künstlich beatmet und mit einer Blutersatzflüssigkeit durchspült. Während dieser Zeit können in den Lungenlappen Arzneistoffe verabreicht und nachfolgend die Arzneistoffspiegel in der Blutersatzflüssigkeit und im Gewebe bestimmt werden. Nach dem Ende der Versuche, die etwa eine Stunde dauern, wird der Lungenlappen wie gewohnt zur weiteren Untersuchung des Tumors an einen Pathologen weitergegeben. Mit Hilfe dieses isolierten Lungenperfusions-Modells konnten schon Unterschiede in der Verweildauer verschiedener inhalierter Cortisonsprays gezeigt werden und auch die unterschiedlich schnelle Aufnahme von Tumor hemmenden Arzneistoffen in gesundes und Krebsgewebe.  

Die Methode des Lungenperfusions-Modells verwenden auch Prof. Dr. Petra Högger vom Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie der Julius-Maximilians-Universität, Würzburg, und Dr. Boris Kardziev, Chefarzt der Abteilung für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie des Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken in Münnerstadt, in Kooperation mit Prof. Dr. Michael Schmidt, Leiter der Abteilung Pneumologie an der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Würzburg, bei ihrer gemeinsamen Forschung über medikamentöse Wirkspiegel sowie die Umverteilung der in der Lunge wirkenden Medikamente in den Körperkreislauf. 

Diese Zusammenarbeit ist die konsequente Folge der jahrelangen guten Kooperation zwischen der Abteilung Klinische Pharmazie von Prof. Dr. Petra Högger und Dr. Boris Kardziev, Chefarzt der Abteilung für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie des Thoraxzentrum Bezirk Unterfranken in Münnerstadt. Das neueste Projekt befasst sich mit dem Verhalten von Bronchien erweiternden Sprays in der Lunge, wie sie bei Asthma und COPD eingesetzt werden. Hier soll einerseits untersucht werden, wie lange diese Arzneistoffe in der Lunge bleiben und wie sich eine Atemwegsobstruktion, wie sie im Asthmaanfall oder bei akuter Verschlechterung der COPD auftritt, auf die Verweildauer dieser Bronchien erweiternden Substanzen in der Lunge auswirkt. Weiterhin wird ermittelt, wie schnell sich die Wirkung der Arzneistoffe an bestimmten Lungenfunktionsparametern zeigt. Mit ersten Ergebnissen ist im Laufe des Jahres zu rechnen.


 

 

drucken Drucken
Ansprechpartner:
Pressereferat
Silcherstraße 5
97074 Würzburg
Tel: 0931 7959-1617
Fax: 0931 7959-2617